Hamburger Längsschnittstudie

Burnout bei Krankenpflegeschüler(inne)n

Matthias Burisch, Fachbereich Psychologie, Universität Hamburg


Zielsetzung:

In der Hamburger Längsschnittstudie zum Thema Burnout bei Krankenpflegerschüler(inne)n geht es um die Untersuchung der Entstehungsfaktoren von Burnout. Obwohl ein interaktionistischer Ansatz am ehesten denkbar wäre, sollen sowohl die Vorhersagbarkeit durch Persönlichkeitsmerkmale als auch durch Umweltfaktoren erst einmal für sich überprüft werden.

Burnout-Prozesse sollen in Beziehung gesetzt werden zu

·   Persönlichen Dispositionen, d.h. Persönlichkeitsvariablen
·   Allgemeine Belastungen durch die praktische Arbeit
·   Spezifische Erfahrungen während der Arbeit
·   Bedeutsame private Lebensereignisse.

Stichprobe:

Die Stichprobe setzt sich zunächst aus 221 Krankenpflegeschüler(inne)n zusammen. Das Berufsfeld der Krankenpflege wird hier gewählt, da sie in der Literatur immer wieder als „Risiko-Beruf“ für Burnout auftaucht. Weiterhin bieten Kranpflegeschüler(inne)n sich an, einerseits weil eine große Anzahl von Menschen diesen Ausbildungsberuf wählen und andererseits der Praxisanteil während der Ausbildung bei ihnen sehr hoch ist.

Aufgrund von Abbruch der Ausbildung, Krankheit, Ablehnung der weiteren Teilnahme an der Studie und anderen Gründen  schrumpfte die Stichprobengröße über die Zeit auf 123 zusammen. Nur diese 123 Datensätze werden für die Auswertung herangezogen.

Diese Kernstichprobe setzt sich aus 88 Frauen mit einem Altersdurchschnitt von 21,4 Jahren (Range: 17 – 36) und 35 Männern mit einem Altersdurchschnitt von 24,1 (Range: 17 – 37) zusammen.

Methode:

Es handelt sich bei dieser Studie um eine Längsschnittstudie mit sieben Erhebungszeitpunkten in Halbjahresintervallen über die ganze Ausbildungszeit hinweg, die bei den Kranpflegeschüler(inne)n drei Jahre beträgt. Lediglich die siebte Erhebung wurde wegen des Examens um drei Monate vorgezogen.

Vor Beginn der Ausbildung soll ein möglichst breites Spektrum dispositioneller Konstrukte erhoben werden. Hierfür wird die Testbatterie für Schwesternschülerinnen (TBS) eingesetzt.  Diese schöpft ihre Items aus vier Quellen:
• Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R)
• Tedium Measure (Überdrussskala) bestehend aus 21 Items wie „müde sein“ oder „sich tatkräftig fühlen“
• Skalen zum Helfersyndrom
• Adhoc-Skalen, bei denen es sich um 15 kurze Skalen handelt, die adhoc und ohne vorherige Prüfung an anderen Stichproben konstruiert wurden.  Sie werden eingesetzt, um das Spektrum der Dispositionskonstrukte zu verbreitern. Ihre Auswahl erfolgt nach Plausibilitätsgesichtspunkten.

Während der Ausbildung, d.h. zu den Zeitpunkten t2 bis t7 wird ein zweiter Fragebogen eingesetzt, der bis auf gelegentliche Zusatzfragen bis zum Ende nicht verändert wird.  Er basiert auf fünf Quellen:
• Krankenpflege-Belastungsfragebogen (KPBF), der eine Liste von möglichen Belastungsmomenten umfasst
• Maslach Burnout Inventory (MBI), bei dem es sich um den verbreitesten amerikanischen Fragebogen zu Burnout handelt.
• Tedium Measure (Überdrussskala), der unverändert beibehalten wird
• Arbeitsbeschreibungsbogen (ABB), der Skalen zur Beurteilung der Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten der Arbeit beinhaltet. Außer der Zufriedenheit werden die genaue Stationsbezeichnung und die Anzahl der Wochen, die dort gearbeitet wurde, erfragt.
• Inventar lebensverändernder Ereignisse (ILE). Dies ist eines von mehreren Instrumenten, die Belastungen durch Ereignisse meist negativer Art, die das Individuum zu Anpassungsleistungen zwingt, erfassen sollen.
• Zusatzfragen: Zum Zeitpunkt t3 werden Vorerfahrungen in der Krankenpflege erfragt.  Zum 4. bis 7. Erhebungszeitpunkt interessieren zusätzlich die Zukunftspläne nach dem Examen bezüglich der Ausübung des Krankenpflegeberufs. Zum Zeitpunkt t7 sollen die Befragten angeben, ob sie bei erneuter Berufswahl wieder den der/des Kranpflegerin/s wählen würden. Außerdem wird zum 7. Zeitpunkt erneut der FPI-R ausgefüllt.

Insgesamt hat man sich in dieser Studie für Selbstratings entschlossen. Diesen mangelt es zwar häufig an Objektivität, aber gerade bei dem Thema Burnout geht es um das subjektive Erleben.

Auswertung:

Die Vorhersage der Burnout-Ausmaße der Zeitpunkte t2 bis t7 wird durch die Persönlichkeitsskalen des Erhebungszeitpunktes t1 untersucht. Weiterhin werden die Burnout-Maße mit den allgemeinen Belastungen durch die praktische Arbeit auf Stationen und durch die Schule, den spezifischen Erfahrungen während der Stationsarbeit und den bedeutsamen privaten Lebensereignissen ins Verhältnis gesetzt.